Fragen?
Rat & Tat

Crowdinvesting: Frischer Wind für Jungunternehmer und Start-Ups

Das Alternativfinanzierungsgesetz ist da!



Seit 1.9.2015 ist das Alternativfinanzierungsgesetz in Kraft. Mit diesem Gesetz sollen klare rechtliche Rahmenbedingungen für Crowdfunding, besser gesagt Crowdinvesting, geschaffen werden, die eine verstärkte Nutzung dieser modernen Finanzierungsform zulassen, aber auch ein angemessenes Anlegerschutzniveau gewährleisten und Missbrauch verhindern.

Mit diesem Beitrag stellen wir erst einmal die unterschiedlichen Arten der Kapitalbe-schaffung durch die Crowd vor und zeigen dann die wesentlichen Eckpunkte und Neu-erungen durch das Alternativfinanzierungsgesetz auf.

Die Ausgangssituation

Vor allem Start-Ups und Kleinunternehmer haben oft Schwierigkeiten, Finanzierungen von Kreditinstituten aufzustellen. Gerade in der frühen Phase haben Jungunternehmer dringenden Geldbedarf, um das Unternehmen überhaupt erst ins Rollen zu bringen. Über die „Schwarmfinanzierung“, besser bekannt als „Crowdfunding“ bzw. „Crowdin-vesting“ beschaffen sich Unternehmen die Finanzierung von einer Vielzahl an Investo-ren.

Dabei ist zwischen Crowdfunding und Crowdinvesting zu unterscheiden:

Beim Crowdfunding steht Sponsoring mehr im Vordergrund. Die Crowd stellt dem Unternehmen Beträge zur Verfügung und erhält entweder ideelle Prämien (eine Dankeskarte, bei Filmprojekten beispielsweise ein Treffen mit dem Regis-seur, etc.) oder die Möglichkeit, das Produkt vorab zu günstigeren Konditionen zu bestellen. In diesem Fall spricht man von „Reward-Based-Crowdfunding“. Eine weitere Variante ist das „Donation-Based-Crowdfunding“, bei dem die Crowdfunder überhaupt nur ein gutes Gefühl, in ein Projekt investiert zu haben, mit dem sie sich identifizieren, als Gegenleistung erhalten.

Beim Crowdinvesting steht - wie der Name schon impliziert - das Investment im Vordergrund. Die Crowd investiert in Projekte und erwartet sich im Erfolgsfall eine Rendite. Man unterscheidet hier das „Lending-Based“ und das „Equity-Based“ Crowdfunding bzw. richtig Crowdinvesting. Im ersten Fall vergeben die Investoren Darlehen und erwarten sich eine verzinste Rückzahlung, im zweiten Fall erhalten die Investoren zum Teil Erfolgsbeteiligungen. Die Vereinbarung partiarischer Nachrangsdarlehen hat sich in letzter Zeit als gängige Finanzie-rungsform etabliert.


Die einzelnen Geldbeträge der Investoren werden meist über dafür spezialisierte Websites, sogenannte Crowdfunding-Plattformen, gesammelt. Die bekanntesten Crowdfunding-Plattformen sind in Österreich CONDA.at, 1000x1000.at und greenrocket.com. Unter den international tätigen Plattformen sind kickstarter.com, das seit kurzem auch Österreich zu seinen Ländern zählt, und indiegogo.com die gängigsten.

Bisher befand sich diese Form der Unternehmensfinanzierung in einer rechtlichen Grauzone. Zentrale Frage beim Crowdinvesting ist, ab welcher Betragsgrenze die Pflicht besteht, einen Kapitalmarktprospekt zu erstellen. Die Erstellung eines Prospekts ist mit erheblichem Kostenaufwand verbunden und ist daher für Jungunternehmer unattraktiv. Das neue Alternativfinanzierungsgesetz soll Rechtssicherheit schaffen und das Crowdinvesting (Lending-Based und Equity-Based) reglementieren. Beim Reward-Based-Crowdfunding und Donation-Based-Crowdfunding sieht der Gesetzgeber auf-grund des Spendencharakters keinen Regelungsbedarf zum Schutz der Anleger.

Die Neuerungen des Alternativfinanzierungsgesetzes (AltFG)

Das Alternativfinanzierungsgesetz erfasst alle Marktteilnehmer des Crowdinvesting:
die Investoren (dh. die Crowd bzw. die Anleger)
die kapitalaufnehmenden Emittenten (hauptsächlich Start-Ups, KMU, aber auch Unternehmen im Sozial- und Kulturbereich)
die Betreiber der Crowdfunding-Plattformen (also die Vermittler der beiden Erstgenannten)

Die Pflicht zum Erstellen eines vollen Kapitalmarktprospekts gilt nach dem AltFG erst ab einem Emissionsvolumen von 5 Mio Euro statt zuvor 250.000,00 Euro. Bei einem Emissionsvolumen zwischen 1,5 Mio Euro und 5 Mio Euro ist künftig lediglich ein vereinfachter Prospekt zu erstellen. Innerhalb von sieben Jahren dürfen Emittenten jedoch nicht mehr als 5 Mio Euro - abzüglich der bereits an die Anleger/Investoren zurückgezahlten Beträge - über Crowdinvesting erhalten. Wird diese Höchstgrenze überschritten, ist ein Kapitalmarktprospekt zu erstellen.

Um das Risiko der Investoren zu streuen, sieht das AltFG vor, dass ein Investor pro Projekt nur bis zu EUR 5.000,00 im Jahr investieren darf. Wenn der Investor allerdings nachweist, dass er durchschnittlich mehr als EUR 2.500,00 (netto) ins Verdienen bringt, kann er das Zweifache seines Monatsnettoeinkommens pro Projekt investieren. Ein weiteres Schutzinstrument ist die zweiwöchige Rücktrittsfrist für Investoren.

Für die Betreiber der Crowdfunding-Plattformen legt das AltFG regulatorische Mindeststandards fest. So wird klargestellt, dass die Betreiber der Plattformen entweder eine Zulassung als gewerberechtlicher Vermögensberater oder eine Konzessionierung als Wertpapierdienstleistungsunternehmen aufzuweisen haben. Zudem treffen die Betreiber der Plattformen gewissen Informationspflichten insbesondere über die eigene Person, Auswahlkriterien und Entgelte.


Zur Missbrauchsprävention und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinan-zierung besteht die Pflicht zur Feststellung der Identität der Anleger und der Emittenten („know your customer-Prinzip“).

Reaktionen aus der Praxis

In den letzten Wochen konnte man in zahlreichen Medien Berichte und Beiträge über Crowdfunding und das Alternativfinanzierungsgesetz lesen.

Die Reaktionen aus der Start-Up Szene, die Crowdfunding am meisten in Anspruch nimmt - im Übrigen nicht nur aus reiner Finanzierungsmotivation, sondern auch zu Marketing- und Marktforschungszwecken - sind durchwegs positiv.

Viel zitiert wurde beispielsweise die Meinung von Daniel Horak, Geschäftsführer der Crowdinvesting-Plattform CONDA.at. Dieser sagte in einem Interview, davon überzeugt zu sein, dass Start-Ups und KMU von dem Gesetz profitieren werden.

Kritik aus allen Ecken kommt vor allem zu den vorgesehenen Anlegerschutzvorschriften, da sie als eine Art Bevormundung des einzelnen Investors gesehen werden.

Resümee

Ziel des neuen Gesetzes ist es, die Kapitalbeschaffung für Jungunternehmer (Startups) und KMU (Klein- und Mittelbetriebe) in Österreich zu erleichtern, gleichzeitig aber einen angemessenen Anlegerschutz zu schaffen, da es sich bei Crowdfunding um ein Risi-koinvestment handelt.

Insgesamt schafft das neue Gesetz einen attraktiven Rechtsrahmen für Crowdfunding- und Bürgerbeteiligungsprojekte. Es ist auch ein wichtiger Schritt zur Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Österreich.

Wollen Sie mehr wissen? Unsere Mag. Sophie Tschöp, MBL, kennt sich in der Materie aus und informiert Sie gern.