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Die ordentliche Kapitalherabsetzung – Handlungsspielraum für Gesellschafter bereits bestehender GmbHs

Seit dem 1.1.2024 beträgt das Mindeststammkapital von neu gegründeten GmbHs statt EUR 35.000 nur noch EUR 10.000. Dies bietet Gesellschaftern bereits bestehender GmbHs die Möglichkeit, einen Teil ihrer Einlage durch eine ordentliche (effektive) Kapitalherabsetzung auf EUR 10.000 zurückzuerhalten, ohne gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr zu verstoßen. In diesem Blogbeitrag wird dargestellt, welche Vor- und Nachteile eine ordentliche Kapitalherabsetzung für Gesellschafter bestehender GmbHs bietet.

  1. Vorteile für natürliche Personen, die Gesellschafter bestehender GmbHs sind

Für natürliche Personen, die Gesellschafter bereits bestehender GmbHs sind, kann sich aus der ordentlichen Kapitalherabsetzung der Vorteil ergeben, sich durch die Rückzahlung bereits geleistete und über den Betrag von EUR 10.000 hinausgehende Stammeinlagen zuzuwenden, ohne dem Verbot der Einlagenrückgewähr zu widersprechen.

Unter bestimmten Voraussetzungen wird die Einlagenrückzahlung zudem nicht als Ausschüttung an den Gesellschafter behandelt, weshalb auch keine (aktuell) 23%ige KESt anfällt. Die Rückzahlung an den Gesellschafter kann somit steuerfrei als steuerneutrale Vermögensumschichtung, das auch gegen ein Saldo am Verrechnungskonto erreicht werden kann, erfolgen, wenn

  •  — die ursprünglichen Anschaffungskosten (d.h. die ehemals einbezahlte Stammeinlage) durch die Rückzahlung nicht weniger als „Null“ betragen (z.B., wenn der ehemalige Erwerb eines GmbH-Anteils unter dem Wert des anteiligen Stammkapitals erfolgt ist oder wenn im Zuge von Umgründungsvorgängen negative Buchwerte gegeben waren) und
  • — das steuerliche Einlagen-Evidenzkonto auch nach der Rückzahlung ausreichend hoch dotiert ist (zumindest in der Höhe, die durch die Kapitalherabsetzung an den Gesellschafter zurückgezahlt wird, wobei die Mindeststammeinlage von EUR 10.000 noch auf dem Einlagen-Evidenzkonto vorhanden sein muss)

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist im Einzelfall zu prüfen. Liegen sie vor, kann die Einlagenrückzahlung an den Gesellschafter steuerfrei erfolgen. Erlaubt es die Liquidität einer GmbH nicht, eine Rückzahlung durchzuführen, kann ein negatives Konto entsprechend saldiert bzw. ausgeglichen werden.

  1. Vorteile für Kapitelgesellschaften, die Gesellschafter bestehender GmbHs sind

Im Gegensatz zu Ausschüttungen an natürliche Personen, stellt sich bei Kapitalgesellschaften das Problem der Besteuerung von Ausschüttungen bei einer Beteiligung von mehr als 25% am Stammkapital in der Regel nicht. Ausschüttungen von Tochter- an Muttergesellschaften sind steuerfreie Beteiligungserträge.

Hier bietet die effektive Kapitelherabsetzung die Möglichkeit, der Muttergesellschaft über den Bilanzgewinn hinaus den sich aus der Kapitelherabsetzung ergebenden Betrag zuzuwenden. Die Auszahlungsbeschränkung auf den Bilanzgewinn steht dem nicht entgegen.

  1. Vorteil für natürliche Personen und Kapitelgesellschaften, die Gesellschafter bestehender GmbHs sind und ihre Stammeinlage nicht zur Gänze bar eingezahlt oder die Salden auf Gesellschafterverrechnungskonten haben

Die effektive Kapitelherabsetzung kann auch dazu genutzt werden, die Gesellschafter (allenfalls auch nur teilweise) von der Verpflichtung zur Volleinzahlung der übernommen Stammeinlagen zu befreien. Dazu kann z.B. die Stammeinlage auf den Betrag reduziert werden, den der oder die Gesellschafter bisher nur zu Hälfte bar eingezahlt haben.

Aufgrund von Leistungen der GmbH an deren Gesellschafter können Verrechnungsforderungen der GmbH gegenüber dem Gesellschafter entstehen. Statt der Rückzahlung von Stammeinlagen an den Gesellschafter kann eine effektive Kapitelherabsetzung auch dazu dienen, den Saldo am Verrechnungskonto abzubauen. Dadurch kann ein Ausgleich von Verbindlichkeiten von Gesellschaftern gegenüber der GmbH aus Verrechnungskonten erfolgen. Auf diese Weise könnten Probleme rund um allfällige verdeckte Gewinnausschüttungen, die als unzulässige Einlagenrückzahlungen behandelt werden könnten, vermieden oder zumindest reduziert werden. Dieses Risiko besteht vorwiegend für natürliche Personen, die Gesellschafter von GmbHs.

  1. Kein KöSt-Vorteil

Aus der Neuregelung des Mindeststammkapitals folgt kein Vorteil für die Körperschaftssteuer. Der Grund dafür liegt darin, dass die Mindest-KöSt sowie die quartalsweise Vorauszahlung derselben ab 2024 ohnehin gesetzlich reduziert ist. Sie beträgt EUR 500,00 pro Jahr (entspricht 5% von EUR 10.000) bzw. EUR 125,00 pro Quartal.

  1. Mögliche Nachteile

A. Reduktion der Eigenkapitalquote und Verschlechterung des Verhältnisses von Fremdkapitel zu Eigenkapital

Die Herabsetzung des Stammkapitals kann insbesondere bei gegebenen Fremdfinanzierungen zu einer Reduktion der Eigenkapitalquote und zu einer Verschlechterung des Verhältnisses von Fremdkapital zu Eigenkapital führen. Dies kann unter Umständen Auswirkungen auf die Bonität der Gesellschaft (Rating bei den Kreditgebern/Banken) und somit auf die Konditionen der Kreditinstitute haben.

Um eine Rückzahlung der geleisteten Stammeinlagen durchzuführen, muss die GmbH zudem über entsprechende Liquidität verfügen.

Da die Bestimmungen rund um die Zahlung und den Erhalt des Stammkapitals dem Gläubigerschutz dienen, könnten potenzielle Vertragspartner einer „GmbH light“ zusätzliche Sicherheiten bei künftigen Geschäften fordern oder dem geschäftlichen Kontakt überhaupt negativ gegenüberstehen.

B. Einhaltung eines formellen Ablaufs

Bei einer effektiven Kapitelherabsetzung ist aus Gläubigerschutzüberlegungen außerdem ein formeller Ablauf zwingend einzuhalten. An den dazu einschlägigen Bestimmungen hat sich nichts geändert.

Folgende Schritte müssen zwingend eingehalten werden:

  • — Ordnungsgemäße Einladung und Durchführung einer Generalversammlung samt notariell zu beurkundender Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung
  • — Abänderung des Gesellschaftsvertrags in Hinblick auf die Herabsetzung des Stammkapitals
  • — Anmeldung des Beschlusses über die beabsichtigte Kapitalherabsetzung zur Eintragung in das Firmenbuch durch sämtliche Geschäftsführer (Beglaubigung notwendig) und Eintragung der beabsichtigten Kapitalherabsetzung in das Firmenbuch
  • — Aufgebotsverfahren/Gläubigeraufruf (darunter wird die förmliche Veröffentlichung der beabsichtigten Kapitalherabsetzung und die ebenfalls förmliche Mitteilung an die bekannten Gesellschaftsgläubiger verstanden) sowie Befriedigung oder Sicherstellung von Gläubigern, die dies wünschen
  • — Frühestens nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Monaten nach dem Aufgebotsverfahren kann die Anmeldung der Durchführung der Kapitalherabsetzung und die Eintragung durch das Firmenbuchgericht erfolgen. Die Eintragung hat konstitutive Wirkung.

Erst nach der Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung kann die Rückzahlung des Stammkapitals an die Gesellschafter erfolgen.

Für unrichtige Angaben, insbesondere rund um das Aufgebotsverfahren, haften die Geschäftsführer der GmbH. Ein Haftungsfall liegt z.B. vor, wenn aufgrund von unrichtigen Angaben Forderungen von Gläubigern der Gesellschaft infolge der Kapitalherabsetzung nicht bedient werden können. Aus diesem Grund ist die ordentliche Kapitalherabsetzung als Sanierungsmaßnahme in der Krise der Gesellschaft nicht das probate Mittel.

  1. Unterschied zur nominellen Kapitalherabsetzung

Bei der nominellen Kapitalherabsetzung ist aus Gläubigerschutzgründen derselbe Verfahrensablauf zwingend einzuhalten. Bei dieser Art der Kapitalherabsetzung erfolgt eine (proportionale) Herabsetzung des Nennbetrags der Stammeinlagen, um Gesellschaftsverluste auszugleichen. Die Vorteile, die sich aus einer ordentlichen (effektiven) Kapitalherabsetzung ergeben, treffen auf die nominelle Kapitalherabsetzung nicht zu: Es erfolgt keine Auszahlung an die Gesellschafter, keine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung der übernommenen Stammeinlagen und keine Reduktion von Salden auf Gesellschafterverrechnungskonten.

  1. Unterschied zur vereinfachten Kapitalherabsetzung

Möglich ist auch eine Herabsetzung des Stammkapitals zum Ausgleich eines Bilanzverlustes durch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung. Hierbei kommt es nicht zu einer Rückzahlung an die Gesellschafter. Diese Form der Kapitalherabsetzung dient lediglich zum Ausgleich oder zur Verringerung eines sonst auszuweisenden Bilanzverlusts, wodurch sich das Bilanzbild der Gesellschaft verbessert. Es handelt sich um ein mögliches Sanierungsinstrument.

Da bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung keine Auszahlungen an die Gesellschafter erfolgen und das Eigenkapital in Summe nicht verändert wird, ist der Ablauf insofern unkomplizierter, als kein Aufgebotsverfahren durchzuführen ist. Allerdings ist auch hier eine Änderung des Gesellschaftsvertrag und eine Anmeldung der Kapitalherabsetzung zum Firmenbuch erforderlich.

Die vereinfachte Kapitalherabsetzung bewirkt den Ausgleich einer „Unterbilanz“, indem eingetretene Verluste in der Bilanz nachvollzogen werden, weil das „Soll-Kapital“ an das schon durch Verluste verminderte „Ist-Kapital“ angeglichen wird. Durch die vereinfachte Kapitalherabsetzung erfolgt eine Saldierung des Stammkapitals und der Verluste auf der Passivseite der Bilanz. Dadurch tritt eine buchmäßige Sanierung der Gesellschaft ein. Weder das Gesellschaftsvermögen noch das Eigenkapital der Gesellschaft werden verändert. Es werden auch keine Forderungen gegen die Gesellschaft begründet.

Bei kleinen und mittelgroßen GmbHs dient die vereinfachte Kapitalherabsetzung der Möglichkeit der Abdeckung eines sonst auszuweisenden Bilanzverlustes und somit nicht als Vorsorge für künftige (erwartete) Verlustperioden.

 

Wenn Sie Fragen zur oder Bedarf an der Durchführung einer (ordentlichen) Kapitalherabsetzung haben, steht Ihnen Mag. Gunther Gram (gunther.gram@h-i-p.at) zur Verfügung.