Die nach wie vor rasante Verbreitung von COVID-19 führt laufend zur Verschärfung der behördlichen Maßnahmen. Neben den beschränkten Ausgangssperren, den ausgesprochenen Reisewarnungen für besonders gefährdete Gebiete und der Empfehlung, nur im absoluten Ausnahmefall zu verreisen, zählt nun auch die österreichweite Schließung der Beherbergungsbetriebe dazu. Wie lange diese Maßnahmen noch aufrechterhalten werden, kann aus heutiger Sicht nicht abgeschätzt werden – eine Verlängerung über den 13.4.2020 hinaus, ist jedenfalls absehbar.
Viele stehen nun vor der Entscheidung, eine geplante Reise anzutreten oder nicht, und vor der Frage, welche finanziellen Auswirkungen eine Stornierung mit sich bringt. Im Allgemeinen gilt, dass jene Reisefreudigen, die sich ihren Urlaubstraum in Form einer Pauschalreise verwirklichen wollten, im Vergleich zu jenen, die etwa Flug und Hotel losgelöst voneinander gebucht haben, nun einige rechtliche Vorzüge genießen.
Eine Pauschalreise liegt kurz zusammengefasst vor, wenn zumindest zwei verschiedene Reiseleistungen, etwa die Beförderung, die Unterbringung, die Vermietung oder andere touristische Leistungen zu einer Reise verbunden werden. Zusätzlich ist erforderlich, dass die Leistungen entweder vor Abschluss des alle Reiseleistungen umfassenden Vertrages auf Wunsch oder nach der Auswahl des Reisenden zusammengestellt werden oder sonstige Gründe (etwa ein Pauschalpreis, der Abschluss der Verträge über eine Stelle) für ein Reisepaket sprechen.
Der größte Vorteil einer Pauschalreise ist, dass der Reisende bloß einen Vertragspartner hat und sich somit nicht mit einer Mehrzahl von „Anspruchsgegnern“ auseinandersetzen muss – das spart Zeit, Kosten und Nerven. Darüber hinaus kommt dem Reisenden ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, das ihn berechtigt, vor Beginn der Pauschalreise jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Pauschalreisevertrag zurücktreten – allenfalls unter Zahlung von Stornierungsgebühren. Diese Zahlungspflicht entfällt, wenn am Urlaubsort (oder in dessen unmittelbarer Nähe) unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen. Derartige außergewöhnliche Umstände sind wohl ein Einreiseverbot, die zwingende Quarantäne im Urlaubsland, aber auch eine Reisewarnung für die Urlaubsdestination ab der Stufe 5. Bestehen derartige Hindernisse unmittelbar vor dem geplanten Reisebeginn, kann der Reisende zurücktreten, der Reiseveranstalter muss dann sämtliche bereits geleisteten Zahlungen vollständig rückerstatten. Im Einzelfall können selbstverständlich weitere Fragen, insbesondere hinsichtlich des optimalen Zeitpunkts der Rücktrittserklärung, auftreten.
Deutlich schwieriger gestaltet sich die Situation bei im Einzelnen gebuchten Leistungen. Derzeit sind viele Fluggesellschaften bemüht, die Reisenden annullierter Flüge zur Umbuchung dieser Flüge zu motivieren und die Einräumung dieser Umbuchungsmöglichkeit als Kulanzlösung darzustellen. Die Umbuchungsmöglichkeit ist jedoch keinesfalls der Kulanz der Fluggesellschaften geschuldet, diese ist vielmehr der Fluggastrechteverordnung zu entnehmen. Reisende können entweder die Umbuchung des Fluges oder die Rückerstattung des Ticketpreises verlangen. Die Frage, ob den Reisenden daneben auch eine Ausgleichszahlung zu leisten ist, hängt hingegen im Wesentlichen von der Frage ab, ob COVID-19 und die aufgrund dessen gesetzten Maßnahmen als außergewöhnliche Umstände zu qualifizieren sind, die auch dann nicht vermeidbar gewesen wären, wenn die Fluggesellschaft alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätte. Unseres Erachtens spricht vieles dafür, diese Frage mit „Ja“ zu beantworten.
Komplizierter gestaltet sich die Rechtslage, wenn die Fluggesellschaft im Zeitpunkt der Reise den Flugbetrieb wieder aufgenommen hat, der Reisende die Reise aber nicht mehr antreten möchte oder kann. Der Reisende könnte etwa an einer Stornierung interessiert sein, weil für gewisse Staatsangehörige am Ankunftsort noch ein Einreiseverbot besteht, für die gewünschte Destination nach wie vor eine Reisewarnung vorliegt oder die Zahl der an COVID-19 Erkrankten noch sehr hoch ist. In diesen Fällen hängen die Ersatzansprüche stark von den jeweils vorherrschenden Umständen ab, weshalb eine allgemein gültige Aussage nicht getroffen werden kann.
Ebenso einzelfallbezogen sind die (kostenlosen) Stornierungsmöglichkeiten des gebuchten Hotels. Es lohnt sich jedenfalls, einen Blick in die Buchungsbedingungen zu werfen. Oftmals sehen Hotels die kostenlose Stornierung bis kurz vor der vereinbarten Ankunftszeit vor. Ob dem Reisenden kraft Gesetzes eine kostenlose Stornierung zukommt, ist vom Recht jenes Staates abhängig, in dem das Hotel gelegen ist.
In Österreich ist eine kostenlose Stornierung des Hotels für die Dauer der behördlich angeordneten Schließung der Beherbergungsbetriebe jedenfalls zulässig.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Prüfung Ihrer Ansprüche sowie bei deren Geltendmachung.